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Daniel Wilhelm
CEO

Ihr 3D-Messtechnik Spezialist für taktile Messtechnik.

Aktualisiert am 09.02.2022 - Lesedauer: ca. 2 Minuten

Din 16901

Die DIN 16901 wurde 1973 verabschiedet, um Kunststoffteile mit Toleranzen ausstatten. Die Norm wurde 2013 durch die moderne DIN 16472 ersetzt.

din 16901

Preiswerter, aber problematischer Werkstoff Kunststoff

Die wesentlichen Herstellungsprozesse für Kunststoff Formteile sind das Spritzgießen und das Heißform-Tiefziehen. Beim Spritzgießen wird Kunststoffgranulat zu einer plastischen Formmasse erwärmt und mit hohem Druck in eine teilbare Form eingespritzt.

Beim Heißform-Tiefziehen wird eine Kunststoffplatte über ein heißes Werkzeug gestülpt und verpresst. Bei beiden Verfahren ist eine Nachbearbeitung nur im geringen Umfang vorgesehen.

Die Werkstücke werden entgratet und von unvermeidlichen Produktionsresten – beispielsweise Stegen aus Steigleitungen – befreit. Darüber hinaus werden Kunststoff Formteile bestenfalls noch mit notwendigen Bohrungen oder Stanzlöchern versehen.

Eine weitere tiefgehende Bearbeitung wie bei Metallteilen in Form von Fräsen, Schleifen oder Abdrehen findet bei diesem Herstellungsprozess normalerweise nicht statt. Nacharbeiten würden nicht nur die Produktivität schmälern.

Eine große Herausforderung bei der Herstellung von Kunststoffprodukten ist nach wie vor die schwierige Wiederverwertung des Rohmaterials.

Wo sich Metalle problemlos immer wieder einschmelzen lassen, ist das Recycling von Kunststoffen immer noch nur im sehr begrenzten Umfang möglich. Das schließt ebenfalls eine aufwendige, abtragende Nachbearbeitung der Kunststoff Formteile im Produktionsprozess aus.

Herausforderung Toleranzvorgaben

Die Formgebung der Kunststoff Formteile hängt von diversen Faktoren ab:

  • Homogenität der Formmasse
  • Prozesstemperatur
  • Anpressdruck der Formhälften
  • Zustand des Spritzgusswerkzeugs
  • Umgebungstemperatur
  • Lageabweichungen von beweglichen Teilen im Werkzeug

Darüber hinaus hat Kunststoff auch unter idealen Bedingungen Eigenschaften, die ihn von den vergleichsweise gut berechenbaren Metallen unterscheiden.

So haben Kunststoff Formteile nach dem Erstarren ein starkes Schwundverhalten, welches bei der Produktion berücksichtigt werden muss.

In der Praxis wird dies durch ein „Nachdrücken“ von Formmasse in der Kavität erreicht. Dennoch ist der Schwund bei Kunststoffen ein gravierender Faktor für Normabweichungen.

DIN 16091 und ihre Defizite

Diese Vielzahl an Faktoren können die Toleranz der Formteile negativ beeinflussen. Um dies in den Griff zu bekommen, wurde 1973 die DIN 16901 ins Leben gerufen.

Diese Norm war knapp 40 Jahre lang gültig. Nach 20 Jahren haben sich jedoch große Lücken gezeigt, die eine Überarbeitung der DIN 16901 erforderlich gemacht haben. Die Defizite der Norm waren folgende:

  • keine Berücksichtigung von Schwundverhalten
  • fehlen von CAD-Bearbeitungen
  • Formmasse auf Grundlage von nur 43 Bestandteilen berücksichtigt
  • keine Berücksichtigung moderner Messverfahren

Neuerungen in der DIN 16472

Diese gravierenden Defizite der DIN 16901 hat dazu geführt, dass die Automobilindustrie sie schon seit über 20 Jahren nicht mehr berücksichtigt, sondern mit eigenen Regelwerken arbeitet.

Die Nachfolgenorm ist seit 2013 die DIN 16472. Diese Norm wird auch wieder branchenübergreifend anerkannt. Ein wesentlicher Unterschied zur DIN 16901 ist, dass die neue Norm nicht mehr mit einer „Formstofftabelle“ arbeitet.

Sie gibt dem Anwender statt dessen allgemeine Einflussfaktoren von Verfahren und Materialien. Der Anwender erhält damit für jeden Kunststofftyp eine Angabe zur technisch machbaren Toleranz.

Der anschließende Aufwand bei Fertigung und Prüfung wird für kleinere Toleranzen ebenfalls angegeben. Auch die Schwindung wird in der neuen Norm berücksichtigt. Damit ist die DIN 16901 keine empfehlenswerte Grundlage für die Toleranzbestimmung der Kunststoff Formteile mehr.

Neue Herausforderungen für die Toleranz der Kunststoff Formteile

Auch die neue Norm geht von einem urgeformten Endprodukt aus. Hier zeigt sich jedoch, dass auch die DIN 16472 in Kürze ihrerseits eine Überarbeitung bedarf.

Denn die Herstellung der Kunststoff Formteile bezieht sich nach wie vor auf die klassischen Herstellungsprozesse wie das Heißform-Tiefziehen oder der Kunststoff-Spritzguss. Die neuen additiven Verfahren finden in der Norm keine Berücksichtigung.

Im Jahr 2013 war der industrielle 3D Druck noch eine Randerscheinung. Wie leistungsstark moderne Kunststoffe aber sind, zeigt sich an den Möglichkeiten des Rapid Prototypings und des Rapid Moldings.

Bei diesen Verfahren der 3D Messtechnik werden teilweise nicht nur Endprodukte im 3D Drucker hergestellt. Die modernen Maschinen und Werkstoffe ermöglichen sogar die Produktion von Werkzeugen für den Kunststoff-Spritzguss.

Diese haben zwar bei Weitem nicht die Standfestigkeit von traditionell gefrästen oder erodierten Spritzgusswerkzeugen aus Stahl. Für Kleinserien sind dieses Schnellwerkzeuge aber vollkommen ausreichend und können für einen Bruchteil der Kosten bereits Kunststoffformteile im traditionellen Verfahren herstellen. Kontrolle im Hinblick auf Lage und Maße wird durch optische 3D Messverfahren ermöglicht.

Normen im Wandel

Kaum ein Produktionszweig ist so dynamisch wie die Verarbeitung von Kunststoff. Es ist daher gut, dass die alte DIN 16901inzwischen aktualisiert wurde.

Die schnelle Entwicklung in diesem Bereich zeigt aber, dass die Normgeber sich nicht noch einmal 40 Jahre Zeit bis zur nächsten Revision lassen können. Sonst wird es der DIN 16472 genau so ergehen wie der DIN 16901 – sie wird einfach von der Industrie ignoriert.

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